Presse SPD Gruppe im Regionalverband

Rede des Sprechers der SPD-Gruppe im Regionalverband FranfurtRheinMain, Kai Gerfelder, zum Offenlage-Beschluss Regionalplan/RegFNP am 02.07.2025, Römer Frankfurt

„Der Regionalplan liefert eine sehr solide und fachlich fundierte planerische Grundlage für die weiteren Diskussionen um die zukünftige Ausgestaltung der Region Südhessen und die Metropolregion FrankfurtRheinMain“

Sehr geehrte Frau Vorsitzende Herget,

sehr geehrte Damen und Herren, 

mit dem heutigen Beschluss zur Ersten Offenlage für den Regionalplan/RegFNP nimmt die Verbandskammer des Regionalverbandes einen wichtigen Meilenstein an den Planungen für die weitere Entwicklung unserer Region.

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Bereits im Jahr 2016 haben die beiden regionalen Parlamente Verbandskammer des Regionalverbandes und Regionalversammlung Südhessen (RVS) mit dem Aufstellungsbeschluss für den neuen Regionalplan den Startschuss für ein nun fast ein Jahrzehnt währendes Verfahren gegeben. Zu Beginn dessen standen zunächst wichtige Grundlagenarbeiten, wie die Analyse der Wohnraumbedarfsprognosen des Instituts Wohnen und Umwelt (IWU) oder als großes eigenständiges Werk das Regionale Entwicklungskonzept von Albert Speer und Partner und der Landschaftsplan der Universität Kassel von Professor Menges

Die intensivere politische Diskussion startete dann mit den ersten Kommunengesprächen und der gleichzeitigen Befassung der regionalen Gremien im Jahr 2019. Zum Ende des gleichen Jahres wurde mit den so genannten Dezember-Beschlüssen eine erste bedeutende, politische Grundlage geschaffen, auf deren Basis das Werk auch heuten noch fußt. Ich komme später nochmal darauf zurück. 

Im Anschluss wurde mit dem Eckpunkte-Papier ein weiterer Pfeiler gesetzt, bis anschließend 2023 ein Planentwurf vorgelegt werden konnte. Insbesondere für uns Vertreter der 80 Kommunen im Regionalverbandsgebiet bildete die zweite Runde der Kommunengespräche dann anschließend nochmals einen wichtigen Schritt auf dem Wege zum heutigen Beschluss, auch hierauf werde ich nochmals eingehen. 

Ich will nicht unerwähnt lassen, dass wir heute eine völlig neu geordnete Welt im Vergleich zum Jahr des Aufstellungsbeschlusses vorfinden: die Corona-Pandemie hat unser Berufsleben – Stichwort Homeoffice - vollkommen verändert. Der Ukraine-Krieg verbunden mit einer zweiten Flüchtlingswelle und wirtschafts- sowie energiepolitischen Unsicherheiten prägt das politische Handeln der Bundesregierung und der EU. Und letztlich die Regierung Trump – deren Regierungsprogramm die Verunsicherung als Selbstzweck zu sein scheint. Und gehen wir heute raus auf den Paulsplatz: fast 40 Grad – das war vor zehn Jahren noch abstrakte Prognose in Klimarechenmodellen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

es mutet eher schwierig an, die zahlreichen Diskussionen und Beschlüsse und auch die damit verbundenen Kompromisse am heutigen Tage zusammen zu fassen. Genauso wie es fast einer Quadratur des Kreises gleicht, die zahlreichen Belange und divergierenden Interessen der Rhein-Main-Region unter einen Hut zu bringen. Wir bewegen uns im Spannungsfeld von sehr hohem Wohnraumbedarf, gar Wohnungsnot und der Notwendigkeit einer angemessenen Freiraumsicherung für wohnortnahe Freizeit- und Erholungsangebote – Stichwort polyzentrische Region. 

Genauso sind wir gefordert, den Interessen einer prosperierenden Wirtschaft im Motor Hessens ebenso Genüge zu tun, wie den Anforderungen des Klimawandels gerecht zu werden. Die Nachfrage nach Logistikflächen, die fortschreitende Digitalisierung und der Bedarf an Rechenzentren am weltweit bedeutendsten Internet-Knotenpunkt DE-CIX stellen uns vor Herausforderungen, die der letzten Plangeber lediglich erahnen konnte. 

Hinzu kommen mit der Energiewende verbundene neue Stromtrassen, Flächen für die Photovoltaik und nicht zuletzt für die Verkehrswende erforderliche Mobilitätskonzepte, die ebenso Berücksichtigung finden müssen. Dies alles in dem Bewusstsein, dass Fläche nur einmal zur Verfügung steht und wir nicht, wie bei fiskalpolitischen Fragestellungen, die Verfügbarkeit an Hektar durch ein Sondervermögen vermehren können. 

Angesichts dieser Anforderungen an den neuen Regionalplan/RegFNP beschließen wir heute einen ersten Entwurf, der eine sehr solide und fachlich fundierte planerische Grundlage für die weiteren Diskussionen um die zukünftige Ausgestaltung der Region Südhessen und die Metropolregion FrankfurtRheinMain liefert. 

Ich darf für die SPD-Gruppe im Regionalverband FrankfurtRheinMain festhalten, dass wir dieser Offenlage heute guten Gewissens zustimmen können. Wir haben gleichzeitig die Erwartung, dass uns durch die Stellungnahmen insbesondere der Kommunen im Verbandsgebiet weitere Erkenntnisse über konkrete Schwachstellen und ggf. auch Mängel an dem Planentwurf verdeutlicht werden, an denen im Rahmen der Abwägung dann nachgeschärft werden muss. 

Diese Erwartung wird auch dadurch gestützt, dass die zweite Runde der Kommunengespräche rund um den Jahreswechsel in einer konstruktiv-kritischen und am Erfolg orientierten Atmosphäre abgelaufen sind und bereits hier Änderungswünsche im Rahmen des Möglichen abgebildet werden konnten. Gleichzeitig – so wurde mir auch aus zahlreichen Gesprächen berichtet – haben genau diese Gespräche zu einer Bewusstseinsschärfung beigetragen und klar gemacht, dass schon allein auf Grund der gesetzlichen Restriktionen nicht jedem Wunsch der Kommunen Genüge getan werden kann. Verbandsdirektor a.D. Horn sprach in diesem Zusammenhang immer von der „Latte, die nun einfach viel höher liegt, als vor zwanzig Jahren“. 

Ich darf für die SPD-Gruppe im Regionalverband auch festhalten, dass wir uns vor dem Hintergrund der weitreichenden Restriktionen auch durch EU- Bundes- und Landesgesetzgebung diverser Problemlagen durchaus bewusst sind. Und wir auch sehr entschlossen sind, im Rahmen der Abwägung weitere nehmbare Hürden insbesondere für ausreichenden Wohnungsbau und Gewerbeansiedlung zu beseitigen. 

Bereits im Jahr 2022 haben wir mit dem Kooperationsparten der CDU mit Beschlussfassung zum Aktualisierten Plankonzept (APK 2.0) gegen die Stimmen der Grünen dafür gesorgt, dass es einen flexibleren Umgang beim Eingriff in die bereits existierenden Regionalen Grünzügen – insbesondere an Schienenhaltepunkten - gibt und diesbezüglich regionale Ungleichgewichte abgemildert. 

Mit Beschluss zum Eckpunktepapier haben wir ebenso gegen die Stimmen der Grünen Sorge dafür getragen, dass die Ergebnisse der Landesweiten Klimaanalyse Hessen nicht gleichlautend mit einer flächendeckenden Ausweisung von Vorranggebieten mit besonderer Klimafunktion einher geht, sondern - wie vom damals grün geführten Ministerium beabsichtigt - in jedem Einzelfall eine Abstufung zum Vorbehaltsgebiet vorgenommen werden kann. Das schafft Flexibilität und öffnet den Städten und Gemeinden nötige Spielräume bei der Schaffung von Wohnraum! 

Denn die Schaffung von Wohnraum insbesondere in den Ballungsräumen ist und bleibt eine zentrale politische Herausforderung unserer Zeit! Sie entscheidet maßgeblich darüber, ob Menschen unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Situation dort ein Zuhause finden können, wo sie ihre Heimat haben oder eine Heimat haben möchten! 

Ich möchte an dieser Stelle deutlich zum Ausdruck bringen, dass wir die signalisierte Zustimmung von Gruppe und Fraktion der Grünen vor dem Hintergrund dieser beiden wichtigen Entscheidungen als sehr positives Signal für eine weiter konstruktiv zu führende Debatte nach der Offenlage werten, auch wenn die Gewichtung pro und contra Siedlungsflächenausweisung unterschiedlicher Beurteilungen unterliegt. Diese Zustimmung beweist, dass der Grundtenor stimmt und die vorgelegten Arbeiten von beiden Häusern Regionalverband und Regierungspräsidium eine sehr gute und solide Grundlage für weitere Entscheidungen bilden! 

Gleichzeitig verwundert es uns, dass ausgerechnet diese Entscheidungen, die im Jahr 2022 jeweils mit den Stimmen der FDP verabschiedet wurden, nun im allerletzten Schritt kurz vor Offenlage durch einen FDP-Antrag konterkariert und die damalige Haltung revidiert wird. Gleiches gilt für den Flächendeckel in der Größe von 5.500 Hektar, der bereits im Jahr 2019 auch mit Stimmen der FDP als tragende Säule für die Grundlagenarbeit am APK beschlossen wurde und der sich an den Vorgaben des Landesentwicklungsplans (LEP) zur Begrenzung der Flächeninanspruchnahme orientiert. Rein im Interesse der Sache bitte ich die tatsächlich unabhängigen Vertreter in diesem Hause, diesen Vorgang noch vor der heutigen Abstimmung genau zu reflektieren.

Sehr geehrte Damen und Herren,

um Spekulationen bereits heute vorzubeugen: Wer nicht täglich mit der Regionalplanung in Berührung kommt - das betrifft insbesondere die breite Öffentlichkeit - wird unter Umständen den neuen Frankfurter Stadtteil der Quartiere im vorliegenden Planentwurf vergeblich suchen. Das bedeutet nicht, dass das Projekt nicht weiterverfolgt wird. Im Gegenteil: Das bereits laufenden Zielabweichungsverfahren zum derzeit gültigen Plan für die Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme und die in Vorbereitung der entsprechenden Bauleitplanung werden parallel weiter betrieben. Von Seiten der SPD-Gruppe und von Seiten der SPD-Fraktion werden wir diesen Prozess weiter wohlwollend begleiten. Und ich bin mir sicher, dass Stadtrat Professor Doktor Marcus Gwechenberger durch intelligente Planung den Beweis antreten wird, dass Wohnungsbau mit den Belangen der Klimafunktion der Kaltluftschneisen in Einklang zu bringen sind. 

Bevor ich zum Schluss komme, lassen Sie mich bitte noch auf zwei Konfliktthemen eingehen, die uns fortwährend beschäftigen: Angesicht des enormen Bedarfs an Wohnraum in einer Größenordnung von 17.000 Wohneinheiten jährlich benötigt die Region auch aus ökologischen Gründen eine Rohstoffversorgung mit kurzen Transportwegen. Der Plan sieht deshalb mehrere Standorte für den Abbau oberflächennaher Lagerstätten - vorrangig Kies - vor. Das mag nicht jeden gefallen, ist aber eine grundlegende Erfordernis, der auch wir uns stellen müssen. Und natürlich ist mit dem Kiesabbau meist über einen längeren Zeitraum auch ein unansehnliches Loch in der Erde verbunden. Auf lange Sicht bietet sich aber auch hier die Chance, neue attraktive Freiräume und Biotope zu schaffen. Der IronMan Frankfurt am Langener Waldsee hat erneut bewiesen, dass die Kiesgrube mehr sein kann als ein Ort industrieller Ausbeutung von Bodenschätzen. Saint Tropez am Baggersee ist nicht nur für die Rodgauer, sondern für die ganze Region ein Lebensgefühl. 

Gleiches gilt für den Bereich Logistik: Die immerwährende Verfügbarkeit eines breit gefächerten Warenangebotes ist für nahezu alle Bürgerinnen und Bürger eine Selbstverständlichkeit. There is more to prime a truckload more oder Drei-Zwei-Eins-Meins sind der Ausdruck eines vollkommen neuen Konsumverhaltens. Wir stehen deshalb hinter dem Konzept geeignete Strandorte für den Warenumschlag zu lokalisieren. Und wir halten es für richtig, Kommunen, die entsprechende Standorte - verbunden mit hoher Verkehrsbelastung und meist unansehnlichen Hallen - vorhalten, mit einem entsprechenden Bonifikationssystem auszustatten. 

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

es gäbe noch viel zu sagen. Dichtewerte, Flächenkontingente, Zwei zu Eins-Verhältnis Wohnen zu Gewerbe, Entlastungskommunen, Entwicklungsachsen, 1000-Meter-Abstand zu Schienenhaltepunkten. Aber auch landschaftsplanerische Maßnahmen Biotopverbund, Kaltluftentstehungsgebiet, Bedeutsame Landschaften, Streuobstbestand, Lärmschutzbereich und, und, und. 

All das lässt sich leider nicht in eine Rede von zehn Minuten pressen. Was aber sein muss ist ein Dankeschön an alle, die am Plan mitgearbeitet haben. An Frau Verbandsdirektorin Claudia Jäger und ihr Team aus der Planungsabteilung, die die Hauptverantwortung im Regionalverband trugen und die mit viel Elan in den Kommunengesprächen für eine weitreichende Befriedung und Akzeptanz des RegFNP-Entwurfs gesorgt haben. 

Sowie den Ersten Beigeordneten Rouven Kötter, der schon an den Kommunengesprächen 2019 teilgenommen hat und vom damaligen VD Thomas Horn gelegentlich als Vermittler in Sitzungen mit dem RP entsandt wurde. Mit seinen Abteilungen hat auch er an der Entstehung dieses Planes mitgearbeitet. Hier möchte ich insbesondere den Bereich Mobilität nennen, wo in den vergangenen Jahren mit viel Engagement deutliche Schwerpunktsetzungen vorgenommen wurden. 

Genauso geht ein „Dankeschön“ an das Regierungspräsidium in Darmstadt und die dortigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vertreten durch den Regierungspräsidenten Professor Doktor Jan Hilligardt für die kollegiale und konstruktive Zusammenarbeit zwischen Politik und Verwaltung. 

Gemeinsam haben wir einen Plan erarbeitet, der - wie mehrfach gesagt – eine sehr solide und fachlich fundierte planerische Grundlage für die weiter Diskussion bildet. Nun ist die breite Öffentlichkeit am Zuge, sich zu dem vorgelegten Planwerk zu positionieren. Wir bitten daher insbesondere die Städte und Gemeinden sorgfältig ihre Belange zu schildern und uns eine Rückmeldung zu geben. Wir versprechen im Gegenzug, diese Anliegen genau zu prüfen und im Rahmen der Abwägung zu würdigen. Somit markiert der heutige Beschluss zwar den Endpunkt eines langen ersten Verfahrensschrittes und startet aber gleichzeitig den Beteiligungsprozess. Oder mit anderen Worten: Alles hat ein Ende nur der Regionalplan hat zwei! 

Glück auf!

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