Presse SPD Gruppe im Regionalverband

Rede von Kai Gerfelder, Geschäftsführer der SPD-Gruppe im Regionalverband, zur Verabschiedung des Teilplans Erneuerbare Energien

Römer Frankfurt 12.12.2018 

 

Sehr geehrte Frau Vorsitzende,

sehr geehrte Damen und Herren, 

mit dem heutigen Tagesordnungspunkt „Beschlussfassung über die Aufstellung des sachlichen Teilplans Erneuerbare Energien“ in der Gebietskulisse des Regionalverbandes FrankfurtRheinMain setzen wir einen wichtigen Marker auf dem Weg zu einem Gesamtteilplan für Südhessen.

Ich möchte dies zum Anlass nehmen, nochmals auf die Historie der heutigen Beschlussfassung einzugehen und gegebenenfalls auch etwaige Missverständnisse auszuräumen, sofern dies noch möglich ist.

Gerfelder-Kai

Nach den Ereignissen von Fukushima und der Erklärung von Kanzlerin Merkel in Deutschland ein Energiewende in Verzicht auf Atom- und Kohleenergie herbei zu führen, haben sich die Fraktionen von CDU, SPD, FDP und Grünen im Hessischen Landtag unter Federführung des damaligen Hessischen Ministers für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung Florian Rentsch von der FDP im Rahmen des Hessischen Energiegipfels auf einen grundlegenden Umbau der Energieversorgung geeinigt. Zentrales Ziel dieser Einigung ist die 100prozentige Deckung des Endenergieverbrauchs durch Erneuerbare Energien in Hessen bis zum Jahr 2050.

Aus dieser Zielvorgabe wurde als wichtigster Baustein die Nutzung der Windenergie in einem Gesamtumfang von 28 Terrawattstunden im Jahr abgeleitet. Für deren Erzeugung sollen insgesamt zwei Prozent der Landesfläche in Hessen in Anspruch genommen werden. Im Gegenzug sollen die restlichen 98 Prozent der Landesfläche von der Nutzung der Windkraft als mittels der so genannten Ausschlusswirkung freigehalten werden. 

Mit der zweiten Änderung des Landesentwicklungsplanes Hessen (LEP) vom 11. Juli 2013 wurde dieses und weitere Ziele in ein für die Träger der Raumordnung - also für uns - rechtsverbindliches Konzept gegossen. Die Mitglieder der Verbandskammer des Regionalverbandes und die Kolleginnen und Kollegen der Regionalversammlung Südhessen haben die rechtsverbindlichen Ziele des LEP quasi als Auftrag entgegengenommen, um die Ziele der Raumordnung mit dem heute vorliegenden Teilplan Erneuerbare Energien (TPEE) an die Ziele der Landesentwicklung anzupassen.

Seit dem Jahr 2013 arbeiten die beiden Verwaltungen von Regionalverband und Regierungspräsidium nunmehr gemeinsam mit den politischen Gremien an der Umsetzung dieser Vorgaben. Ein etwa 92seitiger Kriterienkatalogs, der als „schlüssiges Plankonzept“ die potentiellen Windvorrangflächen in Südhessen nach einheitlichen Maßstäben filtert, wurde mit dem Beschluss beider Häuser über die erste Offenlage im Jahr 2016 Grundstein für die heutige Flächenausweisung.

Unter Berücksichtigung einheitlicher harter und weicher Ausschlusskriterien, die Siedlungsstruktur, Natur- und Denkmalschutz und entsprechend auch Immissionsschutz zur Grundlage haben, sind alle südhessischen Flächenkulissen abgeprüft worden. Diese Einheitlichkeit des „schlüssigen Plankonzeptes“ stellt eine unabdingbare Voraussetzung für die Rechtssicherheit des Teilplans Erneuerbare Energien dar. Sie garantiert gleichzeitig die Bereitstellung von substanziellem Raum, schiebt einer Verhinderungsplanung einen Riegel vor und unterbindet Willkürentscheidungen zu einzelnen Flächen, da alle potentiellen Räume an gleichem Maßstab beurteilt werden.

Im Laufe des Verfahrens sind nunmehr unweigerlich Vorbehalte gegen die Ausweisung von „Windvorrangflächen mit Ausschlusswirkung“ entstanden. In unterschiedlicher Intensität sind diese Vorbehalte zum einen mittels einzelner schriftlicher Stellungnahmen vorgetragen oder auch mit harten Protesten artikuliert worden. Ich möchte für die große Mehrheit der SPD-Gruppe in der Verbandskammer auch darauf eingehen:

Wir möchten zunächst feststellen, dass wir von einer ordnungsgemäßen Aufarbeitung der eingegangenen Stellungnahmen und einer rechtlich einwandfreien Abwägung durch die zuständigen Mitarbeiter der Regionalverbandes überzeugt sind. Da alle nun ausgewiesenen Flächen den gleichen Kriterien unterliegen, gehen wir auch davon aus, dass der Plan für die Kulisse der Regionalverbandes rechtsfehlerfrei ist und damit auch Bestand haben wird. Etwaige Zweifel an der formalen Herangehensweise von Seiten der Einwender müssen gegebenenfalls im Klageverfahren geklärt werden. Dies ist im demokratischen Prozess ein normaler Vorgang - wenn es auch wünschenswert wäre, dass es auf Grund der Qualität der Vorlagen nicht zu solchen Klagen kommt.

Gleichwohl wird die Diskussion um den Teilplan Erneuerbare Energien aber auch politisch und inhaltlich abseits der von uns festgelegten Herangehensweise über das „schlüssige Plankonzept“ geführt. Die ablehnende Haltung erstreckt sich von einem fundamentalen „Windkraft nein Danke!“ über ein „Windkraft nicht bei mir vor der Tür!“ bis hin zu gegebenenfalls begründeten Schutzgedanken die etwa dem Wald, dem Artenschutz oder dem Landschaftsbild eine höherrangige Wertigkeit einräumen und deren Inhalte unserer Auffassung nach sicher auch Platz im politischen Diskurs finden sollen und müssen.

Die FDP und ihr verlängerter Arm in Form der Gruppe der „Unabhängigen“ haben sich eine solche grundsätzlich ablehnende Haltung zu eigen gemacht, obwohl sie in landespolitischer Verantwortung ursächlich für die die Ergebnisse des Energiegipfels zeichnet. Die AfD leugnet den Klimawandel in Gänze und sieht überhaupt keinen Handlungsbedarf. Beide Akteure ignorieren aber auf der Ebene der Regionalplanung zwei Sachverhalte, die diese Argumentation zumindest in diesem Hause als auch in der Regionalversammlung nicht gelten lässt:

Erstens: Wie bereits ausgeführt sind wir von der Hessischen Landesregierung über den Landesentwicklungsplan dazu aufgefordert, einen Plan zu beschließen, der auch das Zwei-Prozent-Ziel erreicht. Sich dieser Aufgabe der Raumordnung und dem dazugehörigen Planungsprozess gänzlich zu entziehen, mutet insbesondere für die selbsternannte Rechtsstaatspartei an wie eine Bankrotterklärung. Wir hätten wenigstens erwartet, dass uns Alternativen präsentiert werden, die unserem Auftrag gerecht werden.

Zweitens: Inzwischen hat sich der Eindruck durchgesetzt, dass überall dort, wo durch den Plan Windvorrangflächen ausgewiesen werden, erst die Grundlage für den Bau geschaffen wird. Aber genau das Gegenteil ist der Fall: Bereits zum jetzigen Zeitpunkt müssen überall dort, wo die gesetzlichen Rahmenbedingungen wie das BImSchG oder das NatSchG eingehalten werden, Windkraftanlagen nach § 35 BauGB als „Privilegierte Vorhaben“ genehmigt werden. Dies unter teilweise niedrigschwelligeren Anforderungen als derer des TPEE. Zu Deutsch: Überall dort, wo ein Investor eine Windkraftanlage erstellen will, hat er ein Recht auf diese Genehmigung. Es gibt keinen Ermessensspielraum, sofern die gesetzlichen Grundlagen eingehalten sind.

Die Haltung der FDP auf regionalplanerischer Ebene bedeutet deshalb nichts anderes, als der Windkraftwirtschaft und den einzelnen Grundstückseigentümern das Feld marktkonform zu überlassen, die so genannte Verspargelung der Landschaft tatsächlich zu begünstigen und den Bürgerinnen und Bürgern dies gleichzeitig Widerstand gegen die Windkraft zu verkaufen.

Wir sind uns von Seiten der SPD-Gruppe im Regionalverband durchaus darüber im Klaren, dass ein deutlicher Zubau an Windkraftanlagen kontroverse Diskussionen mit sich bringt. Selbstverständlich sind wir auch daran interessiert den politischen Diskurs mit denen zu wahren, die die Windkraft aus den verschiedensten Gründen ablehnen. Wir möchten aber auch gleichzeitig festhalten, dass durch den heutigen Beschluss die Flächen im Regionalverbandsgebiet, auf denen künftig Windkraftanlagen errichtet werden können, auf 0,6 Prozent beschränkt oder im Gegenzug 99,4 Prozent der Fläche von Windkraftanlagen garantiert freigehalten werden. Wir halten gleichzeitig fest, dass der Bau von Windkraftanlagen auf all diesen Flächen bereits zum jetzigen Zeitpunkt möglich und durch den Bundesgesetzgeber gar privilegiert ist.

Wir halten außerdem fest, dass alle, die sich in diesem Hause und in der Regionalversammlung aus grundsätzlichen Erwägungen nicht an diesem Prozess beteiligen, ihrer regionalpolitischen Aufgabe nicht gerecht werden. Wer die Zielvorgaben des Energiegipfels und die Zielvorgaben des Landesentwicklungsplanes, die als rechtliche Grundlage unseres Planungsauftrages dienen, in Frage stellt, muss diese politische Botschaft an den Landesgesetzgeber also die künftige politische Mehrheit in Wiesbaden adressieren. Dies gilt sowohl für die politischen Gruppierungen hier im Haus als auch die Vertreter der Bürgerinitiativen. Solange sich an diesen Vorgaben von Seiten der Landesregierung nichts ändert, werden wir jedenfalls der uns zugewiesenen Aufgabe in der staatlichen Planungshierarchie gerecht. Wir stimmen der Vorlage zu Einzelvoten werden zu Protokoll gegeben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich möchte zum Schluss noch all jenen danken, die sich in den vergangenen Jahren eingehend mit der Erstellung dieses Planes befasst haben. Dies gilt den zuständigen Dezernenten zuletzt Herrn Verbandsdirektor Horn. Der Dank gilt aber auch insbesondere den zahlreichen Mitarbeitern beim Regionalverband – stellvertretend nenne ich heute Frau Dr. Gabriele Bloem, die sich mit Herzblut der Sache gewidmet hat. Und ich rufe von hier aus auch ein Dankeschön zum Regierungspräsidium in Darmstadt, wo wir in den vergangenen Jahren stets auf ein offenes Ohr gestoßen sind, wenn es Fragen gab oder Unklarheiten beseitigt werden mussten.

In diesem Sinne – Glück auf!