Presse SPD Gruppe im Regionalverband

Rede zum Haushaltsplan des Regionalverbandes für das Jahr 2014

Rouven Kötter - Gruppensprecher der SPD

  Nichts kommt von selbst
  Und nur wenig ist von Dauer.

Ein sehr bekanntes und auf viele Gelegenheiten zutreffendes Zitat unseres ehemaligen Bundeskanzlers und Friedensnobelpreisträgers Willy Brandt, der heute seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte.

Warum habe ich es als Einleitung für meine Haushaltsrede gewählt, obwohl mir mein Geschäftsführer davon abgeraten hatte, da es „doch sehr abgedroschen sein“? Ich fand es sehr passend für den Knackpunkt dieses Haushaltsplanes. Den Grund dafür, dass wir die Verbandsumlage konstant halten und die Kommunen dadurch nicht zusätzlich belasten müssen:

Die im Verband vorhandene Liquidität kam nicht von selbst – und sie wird auch nicht von Dauer sein. Dazu gleich mehr.

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Zunächst möchte ich die Gelegenheit nutzen und mich bei einigen Menschen für das Zustandekommen dieses Haushaltsplanes bedanken:

Zuerst natürlich beim zuständigen Dezernenten Herrn Verbandsdirektor Stüve und den beteiligten Mitarbeitern der Verwaltung. Wir haben von ihnen einen übersichtlichen, gut strukturierten und fundierten Haushaltsplan vorgelegt bekommen. Dieser Plan liefert ein solides Fundament, um die erfolgreichen Projekte fortzuführen und neue Akzente zu setzen. Ich bin beispielsweise sehr gespannt auf das angekündigte „Welcome-Center“ für Fachkräfte oder die Radroute Frankfurt-Rhein-Main, die gemeinsam mit der Stadt Frankfurt und dem Regionalpark erarbeitet und touristisch vermarktet werden soll. Aber auch die bereits laufenden Projekte, wie der sehr wichtige „Runde Tisch Wohnen“ können dank dieses Planes erfolgreich fortgesetzt werden.

Ich möchte mich an dieser Stelle jedoch auch beim Arbeitskreis Finanzen meiner Gruppe, der SPD, bedanken. Sie werden sich erinnern, dass ich im letzten Jahr bei meiner Haushaltsrede betont habe, dass es sich meine Gruppe nicht leicht machen würde, eine Verbandsumlageerhöhung zu akzeptieren, da viele Kommunen finanziell mit dem Rücken an der Wand stehen. Es werden vor Ort schmerzhafte Einschnitte unternommen, die Bürger werden stark belastet, wichtige Angebote werden zurückgefahren. Vor diesem Hintergrund kann man als vor Ort in der Verantwortung stehender Politiker nicht leichtfertig für Umlageerhöhungen als zusätzliche Belastung die Hand heben. Deshalb haben wir es uns mit diesem Haushaltsplan keineswegs leicht gemacht. Der Arbeitskreis Finanzen hat –selbstverständlich zusammen mit Verbandsdirektor Stüve- im Vorfeld an der Erstellung dieses Planes mitgearbeitet und nach Lösungen gesucht, wie die Verbandsumlage trotz steigender Kosten konstant gehalten werden kann. Ich freue mich sehr darüber und bin stolz darauf, dass es uns gemeinsam gelungen ist, einen Weg aufzuzeigen. Ich bin sehr froh, dass es Verbandsdirektor Stüve erreicht hat, die zuständige Kommunalaufsicht von dieser Möglichkeit zu überzeugen. Die vorhandene Liquidität kann bis auf einen erforderlichen Mindestsatz genutzt werden, um die Verbandsumlage für die Mitgliedskommunen konstant zu halten. Vor diesem Hintergrund haben wir auch gemeinsam mit unserem Koalitionspartner beantragt, die Einnahmeausfälle, die aus dem Zensus resultieren, nicht an die Kommunen als Umlageerhöhung weiter zu geben. Wir wollen die Umlage so lange es geht konstant halten.

Diese Liquidität kam nicht von selbst – sie wurde in der Vergangenheit von den Mitgliedskommunen eingezahlt.

Und sie wird nicht von Dauer sein – sie reicht nur für wenige Jahre, um das Defizit auszugleichen. Deshalb müssen wir auch weiterhin an der Konsolidierung dieses Haushaltes arbeiten, dürfen uns nicht auf dem Erreichten ausruhen und müssen uns aber auch die Frage stellen: Wie viel sparen verträgt diese Region? Wohin soll der Weg führen?

Die finanzielle Prognose für den Verband sieht meiner Meinung nach gar nicht mal so düster aus, eine Umlageerhöhung muss kein Automatismus sein:

-  Die Personalkosten sinken perspektivisch dank auslaufender Altersteilzeitverträge und Einsparungen bei

   Stellenneubesetzungen.

-  Die Einnahmen aus der Umlage steigen hingegen an, da die Region weiterhin über ein stabiles Wachstum an    

   Einwohnern verfügt.

-  Und nicht zuletzt sparen wir zukünftig jährlich rund 600.000 € an Mietkosten ein.

Zu diesem, letzten Punkt sei mir jedoch ein kurzer Exkurs erlaubt.

Im August 2012 saßen Verbandsdirektor Stüve und Stadtrat Becker zusammen, um sich über das geplante „Haus der Region“ zu unterhalten. Man war sich einig, dass es sinnvoll wäre, regionale Gesellschaften unter einem Dach zu bündeln und gleichzeitig eine attraktive Anlaufstelle für Besucher und Bürger der Region zu schaffen. Außerdem stand der auslaufende Mietvertrag für die Poststraße auf der Agenda, so dass Verbandsdirektor Stüve genau das tat, was man von einem solide arbeitenden Verbandsdirektor erwarten konnte: Er startete eine ergebnisoffene Prüfung, um eine fundierte Entscheidungsvorlage vorzubereiten. Die Zielvorgaben waren eindeutig: Zentrale Lage, niedrigere Mietkosten. Was dann jedoch geschah, war eine Kampagne der besonderen Art. Als am Schluss der Prüfung noch zwei Objekte in der engeren Auswahl standen, nämlich das vorhandene in der Poststraße und ein weiteres am Theodor-Stern-Kai, da wurde Stüve angegriffen und attackiert, als hätte er vorgeschlagen, der Verband solle in den Ruhrpott umziehen. Dabei ging es lediglich um ein Gebäude, das zwei Straßenbahnstationen vom Hauptbahnhof entfernt lag. Die Attacken kamen aus verschiedenen Richtungen und wurden seitens der Presse dankbar aufgenommen. Sie waren nicht an der Sache orientiert und sie waren nicht fair.

Meine Damen und Herren, was kam am Ende raus? Viel Lärm um nichts. Die abschließende Prüfung ergab, dass das Angebot für die bestehende Immobilie die größte Einsparung ergibt. Rund 600.000,- € jährlich ab Beginn des neuen Vertrages und eine Einsparung von rund 50.000,- € bereits im kommenden Jahr. Man darf darüber spekulieren, ob die medialen Angriffe vielleicht letztlich sogar hilfreich waren, um den Preis weiter zu drücken. Ich persönlich jedenfalls freue mich darüber, dass wir in der Poststraße bleiben und freue mich allerdings noch viel mehr, dass wir dadurch so viel Geld einsparen können. Auch wenn die CDU im Haupt- und Finanzausschuss noch mal versucht hat, diese Einsparung etwas abzusenken und das Kellergeschoss zu behalten. Schön, dass sie bei diesem Thema letztlich unseren schlüssigen Argumenten gefolgt sind.

Was dabei jedoch unter die Räder kam, war der Gedanke eines „Hauses der Region“. Dieses wurde geschrumpft auf eine „Hütte der Region“, die irgendwo zentral in Frankfurt für die Region werben soll. Ich bin gespannt, ob es am Ende vielleicht auf ein „Regal der Region“ rausläuft, das irgendwo im RMV-Pavillon auf der Hauptwache in der Ecke stehen wird.

Fazit: Der gemeinsame Becker-Stüve-Gedanke ist gescheitert, aber ein zufrieden stellender Vertrag am von der Mehrheit gewünschten Standort mit großen Einsparungen für den Verband wurde ausgehandelt. Was macht man in der Öffentlichkeit daraus? Eine Niederlage für den Verbandsdirektor. In der Sonntags-FAZ erhielt er dafür ein dickes Minus und auch in den entsprechenden Artikeln kam er nicht gut weg. Vom Kollegen Becker war dort übrigens keine Rede.

Meine Damen und Herren, das „Haus der Region“ in seiner ursprünglichen Idee ist vorerst gescheitert. Das kann man bedauern. Dies jedoch einzig und allein unserem Verbandsdirektor zuzuschreiben wird der Sache und auch ihm persönlich nicht gerecht.

Viel schlimmer jedoch finde ich, dass der große Erfolg, die Mietkosten von rund 1,6 Mio. € jährlich auf 1 Mio. € jährlich zu reduzieren völlig ignoriert wurde und in der künstlichen Debatte um mögliche Umzüge gänzlich verpuffte. Deswegen möchte ich die Gelegenheit nutzen und mich im Namen der SPD-Gruppe ausdrücklich bei unserem Verbandsdirektor Ludger Stüve für diesen Erfolg bedanken.

Wir wissen also nun, wo der Regionalverband in den nächsten zehn Jahren residieren wird. Aber wissen wir auch, wie sich der Verband in dieser Zeit inhaltlich entwickelt? Wo soll die Reise hingehen?

Ich hatte bereits erwähnt, dass wir seitens der SPD-Gruppe ein großes Interesse daran haben, den Haushalt des Regionalverbandes auch zukünftig kritisch zu prüfen und nach weiteren Einsparpotenzialen zu suchen. Eine systematische Aufgabenkritik ist hierfür in Zukunft erforderlich. Vor diesem Hintergrund ist auch der zweite Änderungsantrag zu sehen, mit welchem wir –gemeinsam mit allen Fraktionen- Einsparungen verordnen, um das Konstanthalten der Umlage zumindest teilweise zu refinanzieren. Vielen Dank an alle Beteiligten für die konstruktive und faire Zusammenarbeit hierbei.

Wir wollen den Verband aber keinesfalls kaputtsparen. Die Region Frankfurt Rhein Main ist eine wirtschaftlich starke, attraktive, spannende Region voller Gegensätze und wichtiger Aufgaben.

Für uns als SPD gibt es drei wesentliche Bereiche, die für die Zukunft der Rhein-Main-Region von zentraler Bedeutung sind: Bezahlbarer Wohnraum, faire Arbeit und bezahlbare, attraktive, ökologisch sinnvolle Mobilität.

Wie wollen wir das erreichen?

Es gibt Regionalverbände und Metropolregionen, die arbeiten deutlich besser, vernetzter, erfolgreicher als wir. Die Region Ruhr ist für mich ein leuchtendes Beispiel. Ich habe bei meinen Besuchen und Recherchen jedoch noch keine Region gefunden, deren finanzielle Basis auf vergleichbar dünnen Füßen steht, wie unsere. Es kann nicht sein, dass der Motor des Landes Hessen, der Ort, an dem das Herz Hessens das Blut in die Adern der Region pumpt, dass ausgerechnet die Region Frankfurt-Rhein-Main sich ausschließlich aus Umlagen der Mitgliedskommunen finanziert.

Wenn wir diese Region weiter denken und entwickeln wollen, dann muss die Finanzierung breiter aufgestellt werden. Ich sehe dafür zwei wesentliche potenzielle Geldgeber, die einen großen Vorteil von dieser starken Region haben:

-  die Wirtschaft

-  das Land Hessen

Die Wirtschaftskraft unserer Region ist enorm. Die Unternehmen profitieren von guter Infrastruktur und exzellent ausgebildeten, engagierten Arbeitnehmern. Natürlich geben diese Unternehmen auch etwas zurück: attraktive Arbeitsplätze und Steuerzahlungen (meistens). Ich denke jedoch, es ist an der Zeit, dass sich die Wirtschaft auch an der direkten Finanzierung des Regionalverbandes beteiligt. Der Frankfurter IHK-Präsident sitzt im Regionalvorstand. Ich spiele diesen Ball an ihn und fordere ihn auf: Herr Müller, werben Sie gemeinsam mit uns für ein stärkeres finanzielles Engagement der Unternehmen!

Aber auch das Land Hessen ist gefordert, wenn es seine wirtschaftsstärkste Region zukunftsfähig erhalten will. Hier spiele ich den Ball zu Ihnen, liebe Kollegen der Grünen und der CDU. Heute wird der Koalitionsvertrag vorgestellt. Laut gestriger Hessenschau soll eine Milliarde eingespart werden. Ich gebe zu: Es wird schwierig sein, vor diesem Hintergrund neue Gelder locker zu machen. Trotzdem fordere ich Sie auf: Nehmen Sie die Aufgaben des Metropol-regionengesetzes ernst. Arbeiten Sie mit daran, dass wir den Verband im Interesse der Region für die Heraus-forderungen der Zukunft positionieren. Der Griff in die leeren Taschen der Kommunen verbietet sich. Im Übrigen: An diesen leeren Taschen trägt das Land ein erhebliches Maß an Mitschuld.

Wenn wir einen tatkräftigen, gestaltenden und aktiven Regionalverband wollen, dann müssen mehr Mittel zur Verfügung stehen. Die Kommunen leisten bislang den einzigen Beitrag, die Schmerzgrenze ist hier bereits erreicht.

Wirtschaft und Land: Steht zu dieser Region, leistet Euren Beitrag! Der Motor Hessens läuft nicht ohne Sprit – und Sprit kostet nun mal Geld.

Meine Damen und Herren,

ich eröffnete diese Rede mit dem Zitat „Nichts kommt von selbst und nur wenig ist von Dauer.“ Das Zitat geht jedoch weiter: „Darum – besinnt Euch auf Eure Kraft und darauf, dass jede Zeit eigene Antworten will und man auf der Höhe der Zeit zu sein hat, wenn Gutes bewirkt werden soll.“

Dieser Haushaltsplan mit den beantragten Änderungen ist auf der Höhe der Zeit und gibt die richtigen Antworten für das Jahr 2014. Allerdings werden diese Antworten in Zukunft nicht ausreichend sein. Wir alle müssen uns die Frage stellen: Wie viel ist uns diese Region wert? Wie wollen wir diese Region als Motor unseres Bundeslandes weiter unterstützen und im Interesse der Mitgliedskommunen und deren Bürger weiterentwickeln? Für heute bitte ich Sie alle um Zustimmung zum Haushaltsplan und den vorgeschlagenen Änderungen. Für morgen und die Zukunft bitte ich Sie um aktive, konstruktive, engagierte und kreative Mitarbeit, damit wir unsere Region in eine erfolgreiche Zukunft führen können.

Glück auf!