Presse SPD Gruppe im Regionalverband

"Vorranggebiete für Windkraftanlagen - Stellungnahme zum LEP"

Rede Kai Gerfelder, Kreistag OF, 10.10.2012

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrte Damen und Herren,

Wir möchten den Tagesordnungspunkt aufgreifen, um von unserer Seite noch einige Anmerkungen zum Entwurf des Landesentwicklungsplans – Vorgaben zur Nutzung der Windenergie – zu machen.

Die Vorgaben im LEP-Entwurf entpuppen sich schon beim ersten Blick als äußerst kontraproduktiv für die Energiewende. Das vorgegeben Ziel des Energiegipfels etwa 28 Terrawattstunden im Jahr auf 2-Prozent der-Landesfläche zu erreichen, wird aus unserer Sicht bei der Umsetzung der gemachten Vorgaben ad absurdum geführt.

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Lassen Sie mich dies an den wichtigsten Punkten fest machen:

  1. Windgeschwindigkeit
    Der Landesentwicklungsplan gibt für die Ausweisung von Windvorrangflächen eine Mindestwindgeschwindigkeit von 5,75m/s in 140 Meter Höhe vor. Bisher sind alle Beteiligten von einer Mindestwindgeschwindigkeit von 5,5m/s ausgegangen. Dieser Wert basierte auf den Abstimmungsgesprächen mit dem Hessischen Wirtschaftsministerium und wurde auch als Vorgabe für die Entwicklung der Regionalen Energiekonzepte verwendet. Alle renommierten Gutachter gehen davon aus, dass bei dieser Windgeschwindigkeit Windenergieanlagen wirtschaftlich betrieben werden können. Mit der Änderung der Windhöffigkeitsregelung werden nun in weiten Teile Südhessens keine Windkraftanlagen entstehen können. Der Kreis Offenbach oder der Kreis Groß-Gerau könnten überhaupt nicht an der Energiewende partizipieren und dies obwohl einzelne Kommunen – etwa die Stadt Rodgau – sich gerne an der Erzeugung von Windenergie direkt vor Ort beteiligen möchten. Die Änderung der Windhöffigkeitskriterien steht hiermit im klaren Wiederspruch zum Ziel des Energiegipfels „eine umfassende Teilhabe möglichst zahlreicher Gemeinden an der Wertschöpfung dieser Energiebereitstellung“ einzuräumen
  2. Abstandregelung zu Siedlungsflächen
    Während bis zur Vorlage des Landesentwicklungsplans hinsichtlich der Abstandsflächen noch die Regelung „1.000 Meter im Einzelfall geringer“ galt, schreibt der LEP nun einen konsequenten 1.000 Meter Abstand vor. Ausnahmen werden in keinem Falle zugelassen. Das bedeutet in der Praxis, dass zahlreiche Flächen, die für Errichtung einer Windkraftanlage geeignet sind, noch nicht einmal raumplanerisch auf ihre Eignung untersucht werden können. Am konkreten Beispiel heißt dies: Eine WKA in 980 Meter Siedlungsabstand wir durch den Landesgesetzgeber verhindert, auch wenn die Kommune zur Errichtung bereit ist. Überdies widerspricht die Regelung auch dem Ziel, eine Bündelung von Anlagen zu erreichen. Während Standorte von mehreren WKA um eine weitere Anlage etwa im Abstand zwischen 750 und 1.000 Meter ergänzt werden könnten, um komprimierte Windparks zu gestalten, entfällt diese Option. Im Übrigen gelten bei den derzeitigen immissionsschutzrechtlichen Vorgaben etwa 600 Meter Abstand einer WKA zu Siedlungsfläche per Faustregel als genehmigungsfähig.
  3. Schutzwald
    Der LEP sieht vor Schutzwald als generelles Ausschlusskriterium für die Ausweisung von Windkraftvorrangflächen vor. Unberücksichtigt bleibt hierbei die tatsächliche Schutzfunktion des Waldes. Aus unserer Sicht sollte hier eine Einzelfallprüfung erfolgen.
  4. Mindestgröße von 30 ha zu Bündelung von Anlagen
    Grundsätzlich ist es sicher sinnvoll Anlage zu bündeln. Die strikte Anwendung einer 30 ha Regelung ist jedoch kontraproduktiv. Dadurch wird verhindert, dass in Einzelfällen Standorte für eine oder zwei Anlagen ausgewiesen werden können, die sich auf Grund vorhandener Infrastruktur oder einer Vorbelastung des Landschaftsbildes z.B. durch Hochspannungsleitungen, Großanlagen oder ähnliches besonders eignen. Auf das Problem mit den Abstandsregelungen in diesem Zusammenhang hatte ich schon verwiesen.
  5. Netze
    Gänzlich außer Acht lässt der LEP-Entwurf den Stromtransport durch geeignete Netze. Anhand der Diskussionen in Norddeutschland müsste in Wiesbaden inzwischen jeder gemerkt haben, dass die Windkraftanlage alleine noch keinen verwertbaren Strom produziert. Es muss sichergestellt werden, dass ein entsprechendes Leitungsnetz vorhanden ist. Wir fordern deshalb, einen Netzentwicklungsplan in den LEP aufzunehmen, um eine entsprechende Infrastruktur zu gewährleisten.

Unabhängig von dieser genannten Mindestgrößenregelung und der Problematik der Verteilung verbleiben im Ballungsraum Frankfurt alleine durch die Punkte 1 bis 3 nur noch 3,1 Prozent der Fläche als potentielle Standorte für Windkraft. Dieser Prozentsatz muss noch auf artenschutzrechtliche Belange, wie etwa die Avifaunistik abgeprüft werden. Hinzu kommen FFH-Gebiete, Aussiedlerhöfe und der Denkmalschutz, um nur einige Faktoren zu nennen.

Und insbesondere die Belange der Deutschen Flugsicherung, die im Ballungsraum voll zu Buche schlagen, werden auch Auswirkungen auf Odenwald, Spessart und Taunus haben. Unter diesen Umständen wird das Ziel des Energiegipfels verfehlt, die angestrebten 28 Terrawattstunden können nicht erreicht werden.

Wir plädieren daher dafür, dass die jeweiligen Ausschluss- und Abstandskriterien in den Planungsregionen festgelegt werden, so dass jede Region ihrer speziellen Topographie und Siedlungsdichte entsprechend in die Lage versetzt wird, einen Beitrag zur Energiewende zu leisten. Wir verstehen die Umsetzung des Energiekonsenses als Aufgabe die alle Landesteile betrifft. Für mich persönlich unverständlich ist in diesem Zusammenhang auch, warum die namhaftesten Vertreter dieses Hauses in Wiesbaden einen windkraftfreien Kreis Offenbach propagieren, obwohl der Energiekonsens alle Regionen an der Energiewende beteiligen will.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!