Presse SPD-Fraktion in der Regionalversammlung

SPD und CDU: "Hohe Lebensqualität soll erhalten bleiben“ Antrag der beiden Fraktionen in der Regionalversammlung legt Kriterien für ein schlüssiges Konzept fest

Frankfurt/Main Die Fraktionen von SPD und CDU in der Regionalversammlung Südhessen haben am Mittwoch in einer Klausurtagung einen 14 Punkte umfassenden gemeinsamen Antrag abgestimmt. Der Antrag, der zur Dezember-Sitzung der Regionalversammlung eingebracht wird, legt eine Vielzahl von Kriterien fest, nach denen die Verwaltung des Regierungspräsidiums ein „schlüssiges Plankonzept“ erarbeiten soll, das nach Beratung und Beschlussfassung Grundlage für den neuen Regionalplan werden soll.

„Die Region steht unter erheblichem Wachstumsdruck. SPD und CDU werden gemeinsam dafür Sorge tragen, dass auch in Zukunft ausreichend Flächen für Wohnen und Gewerbe zur Verfügung stehen. Die Entwicklung muss aber so gesteuert werden, dass den Menschen eine ausreichende Infrastruktur - beispielsweise auf Straße und Schiene - zur Verfügung steht und die hohe Lebensqualität erhalten bleibt“, erläuterten die Fraktionsvorsitzenden Harald Schindler und MdL Jürgen Banzer ihren gemeinsamen Antrag (siehe unten).
Zu den regionalbedeutsamen Flächen, die im Gutachten von Albert Speer + Partner für ein Regionales Entwicklungskonzept vorgeschlagen wurden, sollen von den beiden Fraktionen Ergänzungen zu dem gemeinsamen Antrag gesondert eingebracht werden. Während die CDU-Fraktion beantragen wird, z.B. den geplanten neuen Frankfurter Stadtteil (in den Medien „Josef-Stadt“ genannt) nicht weiter zu verfolgen,
besteht die SPD-Fraktion zunächst auf die Einholung weiterer Gutachten.

Angesichts der über Jahre hinweg erfolgreichen Zusammenarbeit im Interesse der Region sind die beiden Fraktionen übereinstimmend zu dem Ergebnis gekommen, dass es in einem Einzelfall möglich sein muss, getrennt abzustimmen.


Es folgt der gemeinsame Antrag von SPD und CDU:


1. Grundsätzlich wird begrüßt, ein Regionales Entwicklungskonzept (REK) als Beitrag zur Erarbeitung des Entwurfs für den neuen Regionalplan Südhessen/Regionalen Flächennutzungsplan (RegFNP) zu nutzen. Die Regionalversammlung hat mit Beschluss vom 13.09.2019 das von Albert Speer + Partner (AS+P) in Zusammenarbeit mit dem Regierungspräsidium erarbeitete Gutachten für ein Regionales Entwicklungskonzept lediglich zur Kenntnis genommen, weil Inhalt und Vorschläge zunächst in den Fraktionen geprüft und bewertet werden mussten.
2. Die Geschäftsstelle des Regierungspräsidiums wird gebeten, unter Beachtung der unter 3. bis 14. gefassten Beschlüsse der Regionalversammlung ein schlüssiges Plankonzept (SPK) zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen, das als Grundlage für den neuen Regionalplan/RegFNP sowie die Bewertung von Anträgen auf Zielabweichungsverfahren bis zum Inkrafttreten des neuen Regionalplans/RegFNP dienen kann.
3. AS+P hat als Grundlagen seines Gutachtens die im Auftrag des Landes erarbeitete Bevölkerungsprognose (225.000 Einwohner mehr von 2015 bis 2030) und die Wohnraumbedarfsprognose des Instituts für Wohnen und Umwelt (335.000 zusätzliche Wohneinheiten bis 2030) übernommen. Das SPK muss zusätzliche Aussagen dazu treffen, welche Auswirkungen der angenommene erhebliche Bevölkerungszuwachs hat, ob die vorhandene oder auch die bis 2030 ausgebaute Infrastruktur diesen Zuwachs verkraften. Das schlüssige Plankonzept muss darstellen, ob die Infrastruktur der Region auf der Basis der zu ermittelten Flächenkulisse und des damit verbundenen Bevölkerungszuwachses ausreicht. Dies gilt insbesondere bezogen auf die Energie- und Wasserversorgung sowie die Abwasserentsorgung und die zugehörigen Netze.
4. Der ländliche Raum ist unverzichtbarer und gleichberechtigter Teil der Region. Er ist zu fördern und zu stärken. Das Regierungspräsidium wird gebeten, besondere Konzepte für die „Peripherie der ländlichen Räume“ (z.B. Wispertal, Flörsbachtal, Oberzent) zu entwickeln, die deren Fortbestand und Entwicklung auch zukünftig sichern.
5. Für die Erarbeitung des SPK und den künftigen Regionalplan/RegFNP müssen die bisherigen Festsetzungen der Regionalen Grünzüge gelten; Eingriffe in den Regionalen Grünzüge > 5 ha sind im SPK-Entwurf grundsätzlich ausgeschlossen.
Im Einzelfall kann durch Beschluss der Regionalversammlung davon abgewichen werden, wenn ein quantitativer bzw. qualitativer Ausgleich an anderer Stelle im gleichen Naturraum nachgewiesen wird.
6. Im SPK sind die im geltenden Regionalplan festgesetzten Kaltluft- und Frischluftentstehungsgebiete zu beachten; Eingriffe sind hier grundsätzlich ausgeschlossen. Im künftigen Regionalplan/RegFNP sind aufgrund aktueller Gutachten - ggf. der „landesweiten Klimaanalyse Hessen“ - Vorranggebiete und Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktionen festzulegen.
7. Im SPK sind nur solche Flächen aus dem AS+P-Gutachten zu übernehmen bzw. vorzuschlagen, auf denen gesetzliche Restriktionen wie Bannwald, Erholungs- und Schutzwald, gesetzlich geschützte Biotope, Wasserschutzgebiete, Höchstspannungsfreileitungen etc. nicht bestehen.
8. Laut der Wohnraumbedarfsprognose sollten bis 2030 zusätzliche 335.000 Wohneinheiten entstehen. AS+P zeigt in der Tabelle zur Bautätigkeit auf, dass der vom Institut für Wohnen und Umwelt errechnete Wohnraumbedarf nur bei linearem Anstieg der Bautätigkeit bis 2030 gedeckt werden kann. Realistischerweise könnten bei Fortschreibung der Bautätigkeit - ausgehend vom Höchststand der jährlichen Baufertigstellung im Jahr 2017 (16.000 Wohneinheiten) - rund 200.000 Wohneinheiten bis 2030 entstehen. Die Vorgaben des LEP, den Flächenverbrauch in Hessen zu reduzieren, soll unter besonderer Berücksichtigung der Wachstumsregion auch in Südhessen eingehalten werden. Der Flächenverbrauch für Siedlungsflächen (Wohnen, Gewerbe, Logistik, Verkehr, etc.) soll im neuen Regionalplan für die Region Südhessen auf maximal 5.500 ha begrenzt werden. Damit wird der vom LEP vorgegebene Anteil des Flächenverbrauchs von 2,5 ha/d* eingehalten (*zur Berechnung wurde als Hilfsgröße eine zehnjährige Laufzeit des Regionalplans sowie der Einwohneranteil Hessens herangezogen (2,5ha x 365d x 10a x 0,6EW = 5.500ha).
9. Für den Wohnungsbau geeignete Flächen, die bis 2030 nicht benötigt werden bzw. an bis dahin fehlende Voraussetzungen (z.B. S-Bahnanschluss) geknüpft sind, sollen im REK dargestellt und im künftigen Regionalplan/RegFNP gesichert werden. Hierfür soll eine gesonderte kartographische Darstellung (z.B. als Entwicklungsstufe 2 schraffiert) erfolgen; so dargestellte Flächen können auch vor 2030 in Anspruch genommen werden, wenn der Nachweis geführt wird, dass die bis 2030 im Gemeindegebiet dargestellten Siedlungsflächen nicht genutzt
werden können oder aber die fehlende Voraussetzung bereits erfüllt wird.
10.Der Regionalverband hat mit der politischen Gemeindespitze abgestimmte Kommunengespräche geführt. Dabei haben sich zum Teil erhebliche Abweichungen zu den im AS+P-Gutachten vorgeschlagenen Flächen ergeben. Das SPK muss dies harmonisieren.
11. AS+P schlägt Dichtewerte vor, die noch über die im geänderten
Landesentwicklungsplan erhöhten Vorgaben hinausgehen. Im SPK sind lediglich die Vorgaben des LEP zu beachten.
12. Es wird ausdrücklich begrüßt, dass AS+P sich intensiv mit Flächen für Logistik beschäftigt hat. Es ist im SPK und dann im Regionalplan/Regionalen Flächennutzungsplan dafür Sorge zu tragen, dass bestehende und entsprechend geeignete Logistik-Standorte dauerhaft gesichert und dort andere gewerbliche Nutzungen ausgeschlossen sind. Es ist unstrittig, dass Flächen für Logistik ausgewiesen werden. Im Hinblick auf neue Flächen für Logistik müssen aber mit den betroffenen Gemeinden vor der Aufnahme ins SPK Gespräche im Sinne des Gegenstromprinzips zur Akzeptanz geführt werden.
13.Das AS+P-Gutachten hat sich (auftragsgemäß) intensiv mit Entwicklungspotentialen für Wohn-, Gewerbe- und Logistikflächen in der Region
Südhessen befasst. Ein Regionales Entwicklungskonzept, das als Grundlage für den neuen Regionalplan/RegFNP dienen soll, muss sich aber mit gleicher Intensität der Mobilität widmen. Die Region Südhessen ist die wichtigste Transitregion in Europa, Frankfurt am Main Deutschlands Pendlerhauptstadt. Wohnen, Arbeiten und Freizeit erleben die Menschen in unterschiedlichen Teilen der Region und sind auf gute Verbindungen angewiesen. Das Straßen- und Schienennetz stellt sich aber zunehmend als begrenzender Faktor für die Entwicklung der Region dar. Das Schienennetz ist im Gebiet des Rhein-Main- Verkehrsverbundes (RMV) seit 2004 nicht um einen einzigen Kilometer gewachsen; die Fahrgastzahlen haben derweil in 2018 mit einem Zuwachs von 34 Mio. (4,5 %) auf 788 Mio. einen neuen Höchststand erreicht. Bis zum Jahr
2030 rechnet der RMV mit einer weiteren Zunahme um 30 % auf eine Milliarde Fahrgäste. Es ist daher unabdingbar, dass eine Mobilitätsstudie erstellt wird.
Hierbei sind u.a. die nachstehenden Themen zu behandeln:
- Entwicklung des Verkehrsaufkommens zwischen 2000 und 2018
- Ausbau der überörtlichen Strassen- und Schienennetze im gleichen Zeitraum
- Ausbau der überörtlichen Strassen- und Schienennetze bis 2030
- Ausbau der überörtlichen Strassen- und Schienennetze nach 2030
- Prognosen des Verkehrsaufkommens bis 2030
- Prognosen des Verkehrsaufkommens nach 2030.
Bei den Prognosen ist insbesondere darzulegen, welche Auswirkungen aufgrund der Digitalisierung und veränderten Mobilitätsverhaltens (Heim-Arbeitsplätze, Co- Working, Car-Sharing etc.) erwartet werden.
14. Der Regionalversammlung ist auf der Basis dieses Beschlusses baldmöglichst ein aktualisierter Zeitplan für die Beratung und Beschlussfassung über das schlüssige Plankonzept und Regionalplan/Regionalen Flächennutzungsplan vorzulegen.